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Der Aschebote [Ausgabe 5 von ???]

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 chag
(@chag)
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*Das Deckblatt doch reichlich verziert; zeigt es eine düstere Landschaft, welche von Blitzen durchzuckt ist. In jener scheint doch ein verzierter Spiegel zu schweben, welcher doch durch eine Farbe, welche gar etwas milchig erscheint, das groteske Spiegelbild doch verschleiert. In königlicher Robe kleidet sich eine Gestalt vor dem Spiegel; das Gesicht doch mit einer Maske mit falschen Lächeln, verborgen. Liegt doch daneben ein Büchlein mit dem Titel “Der Lichtblick”*

Der Lichtblick: ein Blendwerk
[Ausgabe 5 von ???]

Verehrte Leserschaft,

In den Landen Aegorins herrscht eine beunruhigende Stille – eine Stille, die keineswegs darauf hinweist, dass die Bewohner zur Vernunft gekommen sind. Im Gegenteil: Es ist sicher, dass hinter verschlossenen Türen täglich neue Intrigen geschmiedet werden.

Doch höret! Ein neues Blatt ist im Sand vor der Küste Serrias aufgetaucht – „Der Lichtblick“ genannt. Ein niedliches Blättchen, das versucht, uns mit schmeichelhaften Worten ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Aber lasst Euch nicht täuschen, edle Leser. Der Aschebote wird gewiss nicht dem Funken dieser Freundlichkeit nachgeben. Schließlich ist es unser heiliges Versprechen, die unverfälschte Wahrheit ans Licht zu bringen.

Beim Lesen des „Lichtblicks“ erkennt man sofort die typische serrianische Ignoranz und Arroganz. Von einer kulinarischen Reise mit dem fettesten Wirt dieser Lande bis hin zu einem Bericht über das Symarische Reich – es scheint, als ob sie die Flecken von der Weste Symars waschen wollten. Ein Eingeständnis ihrer Fehler oder ein erbärmlicher Versuch, das Volk umzustimmen, das die letzte Ausgabe des Ascheboten gelesen hat und über die lächerliche Herrschaft Symars aufgeklärt wurde?

Welch Frevel! Ein erbärmlicher Versuch, das Volk für sich zu gewinnen. Nicht nur der Name der Zeitung zeugt von der selbstgefälligen Annahme, das serrianische Volk sei der Lichtblick in diesen Landen. Sie kupfern sogar bei der Arbeit des Aschebotens ab und versuchen klar, unseren Leitspruch „Bringt die Wahrheit ans Licht“ zu übernehmen. Das zeigt nur die eigene Unkreativität der Autorin Sophie Süßkuss – ein weiterer Beweis für den wahnsinnigen Größenwahn der Serrianer.

Und hat es jemand bemerkt? Der Aschebote hat dieses Blatt besonders unter die Lupe genommen: In dem Abschnitt, in dem die Herrlichkeit und Ritterlichkeit Symars besprochen wird, heißt es, sie hätten ihre Tore für das „einfache Volk“ geöffnet. Damit seid Ihr gemeint, verehrte Leserschaft. Welch groteske Herablassung! Die Serrianer halten sich für etwas Besseres und erlauben Euch gnädig einen Blick auf ihre Übungen. Wie ehrbar von ihnen, Euch diese „Gnade“ zu gewähren.

Lachhaft.

Und oh weh! Der Absatz über den Großinquisitor Aurelius Léon de Lumiere, der behauptet, die Stärke des Symarischen Reiches liege nicht nur in seiner Armee, ist eine Farce. Macht, Macht und nichts als Macht. Was passiert, wenn sie einmal im Armdrücken verlieren? Wird dem Gegner als erstes die Hand abgehackt?

Wobei, stellt euch vor: Der Gegner ist nur ein pöbelndes Wesen, das etwas provozierenden Stunk verbreitet – und zack, ihm fehlt ein Auge und er wird gebrandmarkt. Das Symarische Heer hat solche Brutalitäten bereits in der Vergangenheit gezeigt, wie beim kürzlichen Prozess gegen die Dämonin. Wäre das Blatt „Der Lichtblick“ etwas wert und würde seinem Volk Transparenz bieten wollen, hätte es über diesen Prozess berichtet. Doch stattdessen fand alles hinter verschlossenen Toren statt, ohne ein Wort darüber zu verlieren.

Und zu guter Letzt: Die Autorin richtet Worte an die Leserschaft des Blattes und sogar an den Ascheboten selbst! Ein erbärmlicher Versuch, sich zu behaupten – könnte man meinen, sie hätten bereits solche Furcht vor dem Ascheboten, dass sie ihm trotzen wollen. Doch stattdessen bieten sie nur Angriffsfläche.

Meine liebsten Leser, sie sprechen von Fakten und Beweisen – gab es diese wirklich beim Prozess mit der Dämonin? Der Schein mag trügen, doch der Aschebote hat das Gefühl, dass dieses Blatt, das das Volk verzaubern soll, eher dazu dient, Serria ins Licht zurückzubringen, damit sie sich in ihren Bekundungen suhlen können und vermutlich in ihren einsamen Betten nachts einen Höhepunkt deswegen erreichen.

Arroganz und Ignoranz haben bereits die höchsten Herrscher zu Fall gebracht. Wann also bekennt sich das Volk endlich einer Rebellion und kämpft gegen diese Machenschaften? Der Aschebote glaubt kaum, dass seine verehrten Leser sich manipulieren lassen – und wenn doch, dann wird der Aschebote allezeit bereit sein, aufzuräumen. Zu jeder Zeit.

So wird er auch die Wahrheit ans Licht bringen und den dunkelsten Zeiten dieser Lande trotzen.

Und dennoch - wünscht der Ascheboten, dem eifrigen Fräulein Zucker, viel Freude beim Schwingen der Feder - mögen daraus noch weitere Lachhaften Artikel entspringen.

Euer getreuer Aschebote

Das Licht am Ende des Tunnels könnte auch ein Zug sein.

 
Veröffentlicht : 23/06/2024 3:17 pm