Auge um Auge; Schatten um Schatten [Ausgabe 8 von ???]
Auge um Auge; Schatten um Schatten
[Ausgabe 8 von ???]
*Das Deckblatt ist gänzlich in Schwarz gehüllt, darauf eine fliegende Taube - jene doch, welche in vielen das Gefühl der Unschuld weckt; des Friedens. Doch, steckt im Körper der Taube ein Pfeil, mit goldener Spitze und rotem Holz; hat die Taube längst den Tod gefunden. Der angedeutete Schatten, welcher die Taube doch wirft; könnte an etwas erinnern; einen Drachen, dessen Flügel gespreizt sind. In Blut steht doch geschrieben, folgender Titel auf dem Deckblatt: Auge um 'Auge; Schatten um Schatten*
Werte Leser,
Ein Donnerschlag hat uns getroffen – eine Botschaft, die uns wie ein Faustschlag aus den finsteren Abgründen der Intrige erwischte. Ein kleines Vöglein hat uns ein abscheuliches Geheimnis gezwitschert, wie bitter ironisch! Doch seid gewarnt, reizt den Boten nicht, denn in unseren Adern lodert ein Feuer, das nur darauf wartet, entfacht zu werden. Lasst mich euch eine Geschichte erzählen, die euch die hässliche Wahrheit enthüllen wird.
Vor vielen Wochen, nein, Monaten, wiegte sich ein Wesen in den Gräsern Elandars, um zur Ruhe zu kommen. Doch ein dunkler Schatten eines majestätischen Tieres schwebte über ihm; er wurde entführt und über die Dächer Elandars geschleppt. Ja, Dahlia Moorani hatte den Bruder von Valeria di Lorenzo entführt. Wäre das kein richtiges Vergehen, hätte ihre Identität niemals das Licht der Welt erblickt. Doch ließ sie diesen Mann aus schwindelerregender Höhe fallen – als wolle sie ihm das Fliegen beibringen. Es war wahrlich ein Wunder, dass er überlebte; vielleicht verdankte er es dem Laub der Bäume, das seinen Körper vor dem Aufprall abfing. Und all dies nur wegen eines Zettels, der am Schwarzen Brett hätte aufgehangen werden sollen – jener Zettel, auf dem die Sumpfhexe verkündete, sie wolle gegen den serrianischen Don antreten. Jenes Duell - erinnert ihr euch?
Ihr glaubt nicht, was in jener Nacht geschah? Dann sagen wir euch eines: Es gab eine Zeugin, eine Dame, die diesen Zettel anbrachte, während Valeria di Lorenzo`s Bruder in seinem Leiden lag – seine Beine gebrochen, der Rücken gequält, und Blut quoll aus seinem Kopf.
Wieso wir euch das erzählen? Nun, gewiss werdet ihr verstehen, lauscht nur der weiteren Geschichte:
Einst wurden die Mächtigen zu einem exklusiven Bankett geladen - in einer düsteren, fast verlassenen Burg, wo eine blutrünstige Dame residiert und ihre Klauen über die Harfe gleiten lässt.
Der erhabene Gottlieb, ein Meister der Köstlichkeiten, hatte ein prächtiges Mahl zubereitet, das leider nur zur Hälfte verzehrt wurde. Welch ein Jammer! All diese wunderbaren Speisen, verschwendet! Doch warum nur? Lasst mich euch erleuchten, werte Leserschaft.
An jener Tafel versammelten sich einige abstoßende Gestalten: der serrianische Don, der erst vor wenigen Tagen den Sumpfdrachen erlegt hatte; die niederträchtige Nyx aus dem Hause Neublut; und ein gewisser Vasko, ein heuchlerischer Freund des Dons.
Dahlia Moorani war ebenfalls anwesend, eine besonders widerliche Delikatesse, die wir nur allzu gern verachten. Die Herrin der Burg war zugegen, ebenso wie viele andere nichtsnutzige Personen, die uns so belanglos erscheinen, dass sie keiner weiteren Erwähnung wert sind. Wie dem auch sei.
Es kam zu einem hitzigen Gespräch zwischen einer Bewohnerin Silberwalds, deren Namen wir alle nur zu gut kennen: Valeria di Lorenzo, dem schändlichen Don Valentino Cortez und seiner perfiden Braut Dahlia Moorani. Man sagt, es war ein Gespräch voller niederträchtiger Energie und schamloser Leidenschaft, so heftig, dass der gesamte Tisch Zeuge ihrer verfluchten Worte wurde.
Doch worüber sprachen sie? Welche verfluchten Worte entfachten den wahnhaften Zorn des serrianischen Dons, dass er einen Wirbelsturm aus seiner Tasche zog und die Festhalle heimsuchte? Ja, er warf sogar einen Stuhl nach Valeria di Lorenzo!
Ich werde euch die Worte nicht direkt verraten, sondern schenke euch ein kleines Gedicht, das euch auf die Sprünge helfen könnte:
In den Schatten der Nacht, am dunklen Moor,
Dort ruht Dahlia, ein Drache, stolz und pur.
Ihr Geheimnis tief, verborgen im Wind,
Ein Reiter an ihrer Seite, Don Valentino geschwind.
Mit Feuer im Blick und Wut im Herz,
Sie kämpft für Macht, für Ruhm und Schmerz.
Ungebändigt, wild und frei,
Fliegen sie durch die dunkle Nacht vorbei.
Doch in ihrem Herzen, ein zarter Klang,
Die Liebe einer Mutter, stark und lang.
Wo ist ihr Kind, das sie beschützt mit Macht?
An einem verborgenen Ort, der ihr nützt.
Dort hält sie es verborgen, ganz allein.
Ihr Kind, ihr Schatz, vor der Welt im rein'.
So fliegen sie weiter, durch Tag und Nacht,
Dahlia und Don Valentino, im Kampf erwacht.
Ein Drache, eine Mutter, in der Dunkelheit,
Ihr Geheimnis bewahrt, für alle Zeit.
Seid ihr immer noch im Dunkeln, was die Worte waren, die den Don so erzürnt haben?
Heureka!
Dahlia Moorani ist nicht nur Mutter, sondern der Drache des Südens! Ihr wollt ihn an seiner widerlichen Farbe erkennen? Man sagt, er ist sumpfgrün.
Ein Jammer, oder? So viel Zorn wegen einer Identität - einer erbärmlichen Identität.
Nun, Dahlia, Valentino, was tut ihr nun?
Seid ihr wieder drauf und dran, durchzudrehen und Inseln abzufackeln? Unschuldige Leben in Gefahr zu bringen?
Genau das tut ihr nämlich.
Ihr habt gedroht und gehandelt. Ihr habt euch eine Bürde, eine Sünde auferlegt für einfache Worte, für einen einzigen Satz.
Was tut man da bloß nur, was tut man da bloß nur?
Und lasst uns etwas sagen; hörtet ihr bereits, was in den einsamen Reihen des Gerichtssaals in Junshara verkündet wurde? Dahlia wäre nun Titelträgerin! War es der Titel der Baronin? Wie auch immer - sie gehört nun zum Adel Junsharas und Symars. Ironisch, nicht? Da fragt man sich, wie sie jenen Titel bekommen hat; lasst uns gemeinsam stöbern.
Valentino Cortez ist der Reiter Dahlia Mooranis; Valentino war schon immer machthungrig. An Calcifer Flemming hat er sich vergebens die Zähne ausgebissen, um an Isdriel heranzukommen. Aber siehe da! Die herzallerliebste Dahlia sitzt im Rat zu Isdriel. Hat er doch gleich so die Finger im Spiel; ist es der Alchimistin also nur zu gute gehalten, dass sie vermutlich als Austausch einen Titel will in Symar; sonst stände sie ja ohne nichts da, oder? Da fragt man sich, wie neutral Isdriel ist und wie korrupt das Machtregime Symars wirklich ist.
So rufen wir euch auf - möge das Volk dieser Lande, nicht immer allem folgen; wer bestimmt die Wahrheit zu sprechen, misstraut durchaus auch dem Ascheboten. Es ist Vorsicht in diesen Landen geboten. Lügen und Intrigen stehen an der Tagesordnung. Lernt hinter den Schleier zu blicken, werte Leserschaft, um euret Willen.
Erhoffen wir uns doch nun, nicht mehr weiter unsere Tinte für Gestalten wie Dahlia Moorani zu verschwenden, möge Ihr Name nie wieder unsere Leinwand zieren!
Möge der Aschebote Licht in die Dunkelheit bringen und die Wahrheit offenbaren!
Euer getreuer Aschebote